Mittwoch, 21. September 2011

Zum "Schweigen" gezwungen

Hast du dich auch schon mal, auch wenn nur kurz, bei dem Blick auf einen Rollstuhlfahrer / eine Rollstuhlfahrerin gefragt, ob er/sie sprechen kann, ob er/sie selbst die Unterschrift auf dem Kassenzettel geben darf oder auch: "Es ist doch viel zu kalt! Warum zieht der Betreuer ihm/ihr die Jacke nicht an?!"

Solche oder ähnliche Erfahrungen hat wohl jeder Mensch mit einer Behinderung machen dürfen. Auch ich. 

Ich erlebe es hin und wieder mal, dass meine Assistentin (im Volksmund als "Betreuerin" bekannt) gefragt wird, ob ich selbst unterschreiben könne... oder ob ich lesen könne... 
Darauf antworte ich gerne: "Gerade so habe ich die Grundschule bestehen können - etwas lesen kann ich, ja!"  

Hier einige Lustige Beispiele, die ich oder meine "behinderte" Freunde im Alltag erlebt haben: 
Eine Zeugin Jehovas zu meiner Assistentin, mit dem Finger auf mich zeigend: "Könnte sie das Büchlein lesen, wenn ich es ihr gebe?" 

Eine Verkäuferin in einer Drogerie, nach vorne bückend, übertrieben deutlich sprechend: "Können Sie mich verstehen?"

Zwei Frauen, auf mich guckend, unterhalten sich im Bus: "Sie ist aber hübsch! Meinst du, sie kann auch sprechen?" - "Nein, ich glaube, sie ist gelähmt." 

In der Bahn zu meiner Freundin: "Wo möchte der Rollstuhl aussteigen?" 
Ich: "Mein Rollstuhl und ich - wir würden gerne am Hauptbahnhof aussteigen." 

Irgendjemand zu mir: "Du bist ja völlig normal! Ich dachte, Behinderte sind so seltsam..." 






"Verbietet" nicht den Rollstuhlfahrern den Mund. Unsicherheit ist in Ordnung, aber stellt Fragen, seid offen und legt das Denken ab, "sie alle" seien geistig behindert.









Make-Up: Nina Wagner
Foto: Steffen Gottschling 

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