Donnerstag, 20. Oktober 2011

"...und nun liege ich im Sterben"

Liebe Freunde, liebe Leser meines Blogs, 

ich habe ein Gedicht geschrieben. Das war eins meiner ersten Gedichte - damals, als so viele Kinder mit Muskelschwund gestorben sind. Ganz plötzlich, über einige Monate hinweg - und weg waren sie. Obwohl sie nie weg sein werden. 

Wie findet ihr es? Würde mich über Kritik (und Lob natürlich auch) freuen!




"Leise ist es geworden. Und dunkel.

Damals war es anders.
Bedrückende Stimmung, irgendwie rührend. 
Ich lächelte, versuchte zu trösten.
Alles war gut.

Aber damals war damals und heute ist jetzt.
Und jetzt ist alles anders.
Alleine.
Ich bin alleine!
Ich war noch nie allein.
Selten so einsam wie jetzt.
Ich konnte mich von keinem verabschieden.
Niemand ahnt, dass ich hier bin.
Auch wenn nicht mehr für lange.
Und nun liege ich alleine so da.

Jung bin ich noch, und habe noch lange nicht alles erreicht.
Noch längst nicht alles erlebt.
Mein Leben hätte erst jetzt beginnen sollen
Und schon ist es vorbei.
Träume platzen.
Alle nacheinander, hintereinander, über und untereinander.
Streiten, wer als erster zerplatzen darf.
Und das wenig Geschaffte wird zu Nichts.
Ich sehe nur Rauch und Asche.
Ein paar Scherben liegen auch rum.
Für alles zu spät.

Damals wäre ich gerne…
Und jetzt - jetzt bin ich gezwungen zum Sterben.

Draußen höre ich das Leben toben.
Autos hupen, Kinder lachen, noch mehr Lachen und irgendwo in der Ferne ertönt eine Sirene.
Vielleicht liegt gerade jemand auch im Sterben!
Vielleicht ja auch so alleine.

Gerne würde ich noch einige sehen, umarmen… küssen.
Sagen, wie sehr mir alles Leid tut und dass ich jeden werde missen.
Doch keiner da.
Nur das Kerzenlicht, das mir bei jedem Windhauch zeigt, dass ich noch lebe.
Und dann beruhigt sich die Flamme, brennt geduldig vor sich hin.
Bis sie ausbrennt.
Bald.
Wie ich.

Damals wollte ich es doch -
Warum muss ich ausgerechnet heute sterben?!


Dramatisch und rührend das Bild von Jetzt.
Der schwache Körper, der nicht mehr mir gehört.
Zu schwach, zu müde… und der zerbrochene Geist.
Erdrückt von der Dunkelheit, umarmt von dem schwachen Kerzenschein.
Ich will fliehen.
Vor mir selbst, vor dem Alleinsein, vor dem Tod.
Doch ich hole mich immer wieder ein.
Keine Ruhe vor mir selbst.

Oh Leben, bitte…
Bitte erbarme dich!
Bleibe noch etwas in mir!
Ich will jetzt noch weinen, lachen, tanzen, schreien, essen, trinken, reden, schreiben, lesen, bewegen, küssen, lieben…
Alles, nur nicht sterben!
Ich flehe dich an…

Stille.
Niemand hat’s gehört.
Wie immer.
Verlassen.
Von Gott, Gerechtigkeit, Liebe, vom starken Willen und gleich…
gleich auch vom Leben.
Ich spüre es.
Ich rieche es.

Damals, damals wollte ich sterben!
Heute, gleich - gleich muss ich sterben.

Feuer, Wasser, Regen, Eis, Wind, Schnee, Sturm, Hagel, Sonne…
Rot, Grün, Gelb, Orange, Lila, Petrol, Flieder, Blau... Meeresblau... Meeresrauschen…

Schwarz.

Jetzt – jetzt werde ich sterben.  

Und nun – nun bin ich gestorben."

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