Donnerstag, 9. Juni 2011

Als Beispiel voran!

Bevor ich die Fotografen auf alle Models wild drauf "loslasse", wollte ich zunächst selbst das Gefühl erfahren Model zu sein. 

Zwar habe ich im Vorjahr einen kleinen Modeljob gehabt, aber es war alles andere als einfach...
Ich wurde fünf Stunden am Stück fotografiert, keine Pause und dabei ging es nicht mal um mich als Person, sondern um den Rollstuhl in dem ich saß. Ich sollte Werbung machen. Das Ergebnis davon war, dass der Rollstuhl im besten Licht dargestellt wurde, während auf meine "Schokoladenseiten" keine Rücksicht genommen wurde. Ich war mit den Ergebnissen der Bilder überwiegend unzufrieden - doch sie mussten veröffentlicht werden. Gott sei Dank wurde ich nur 2x darauf angesprochen, ansonsten hat man mich entweder nicht erkannt oder man schwieg aus Höflichkeit. Danke an dieser Stelle, denn das würde ich nicht verkraften. Zu eitel bin ich.

Bei meinem Projekt soll es anders ablaufen. Jeder soll sich wohlfühlen und es wird auf die Wünsche der Models eingegangen. "Dafür stehe ich mit meinem Namen!" 

Ich wollte mit Steffen beginnen, weil er für den Themenbereich "Provokatives" zuständig ist. Das ist ein heikles Thema, denn:   
  • Was provoziert und vorallem wen? 
  • Warum will man (ich) überhaupt jemanden provozieren? 
  • Fühlen sich die Models dabei zu sehr objektiviert? 
  • Wie geht Steffen mit dem Thema und mit einem behinderten Model um? 
Diese und noch weitere Fragen beschäftigten mich und ich suchte nach Antworten... 

Als das Shooting "Anders, aber schön" (Name wird evtl. im Verlauf des Projektes geändert) stattfand, hatte ich noch keine Zusage für ein Fotostudio. Es blieb uns nichts anderes übrig, als bei mir Zuhause zu fotografieren. 
Es war amüsant und schwierig zugleich: Ohne einen einfarbigen Hintergrund und ohne andere notwendigen Utensilien können die Fotos nicht meiner Person entsprechend sein - perfektionistisch. Es ist einfach unmöglich. Wir arbeiteten mit einem schwarzen Bettlaken, das sich nicht spannen ließ und mit hohen Schuhen meiner Freundin, die mir viel zu groß waren.  

Der Schwierigkeitsgrad eines Shootings ist nicht zu unterschätzen. Sowohl für mich als auch für Steffen war es anstrengend... 

Für mich, weil ich eine Pose halten musste - ich musste quasi "die Luft anhalten" und schweigen. Nicht einfach für jemanden, der viel zu sagen hat, bei dem der Kopf voller Gedankenbomben ist. Es war schwierig mich, mich selbst, als das Model, nicht von der Ferne sehen zu können. Mir wären sicherlich 1000 Sachen aufgefallen, die ich besser machen könnte. Ich würde Heidi Klum spielen und wäre zufriedener mit mir selbst. Ich wusste nicht wie ich auf den Bildern wirke, ob die Message so rüberkommt, wie sie rüberkommen soll... 

Für Steffen war es relativ schwierig, weil das Thema grundsätzlich sehr komplex ist. Es geht um "schwere Kost", es geht um Messages, die rübergebracht werden müssen, sonst hat das Shooting keinen Zweck. Er hat, wie alle anderen im Foto-Team, noch nie mit körperlich eingeschränkten Frauen zusammen gearbeitet - auch das bedarf einer kleinen Gewöhnzeit. Je länger er mich fotografierte, desto mehr zeigte sich, wie und was ich körperlich kann und was nicht. Nach drei Stunden waren wir beide mit dem Shooting zufrieden. Die Ergebnisse würde ich aber erst in ein paar Tagen sehen dürfen. 

Blöd für Steffen ist nur, dass jedes Model in einem unterschiedlichen Stadium des Fortschreitens von Muskelschwund ist. Vielleicht kann das nächste Model noch laufen, vielleicht kann sie den Arm gar nicht mehr heben... man lernt nie aus. 



 

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